Düsseldorf (evdus). Die eine geht, der andere kommt: Pfarrer Stephan Kern hat die Stelle als Seelsorger in der Justizvollzugsanstalt Düsseldorf von Pfarrerin Brigitte Keuer übernommen. Damit komplettiert der aus Essen stammende Pfarrer nun wieder das zweiköpfige evangelische Seelsorgeteam mit Pfarrer Thomas Schrödter. „Im Gefängnis ist Kirche das, was sie in meinen Augen sein sollte: Kirche für andere“, sagt Kern zu seinem Arbeitsfeld in der JVA. Der 58-Jährige hat bereits als Gemeindepfarrer, Pfarrer an einem Berufskolleg und als Seelsorger in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet. Aber an keinem Ort habe er den Eintritt in die Nachfolge Jesu so verspürt wie im Gefängnis. „Die Arbeit in der JVA ist existenziell, für die Gefangenen, für die Mitarbeitenden, für mich und auch für die Kirche“, ist er überzeugt.
Für den Pfarrer ist der Berufsalltag als Gefängnisseelsorger nicht neu. Vor seinem Wechsel nach Düsseldorf arbeitete Kern als Seelsorger in der JVA Geldern. Dort in seinem ersten Jahr allein unterwegs, freut sich der „Neue“ nun über die Arbeit im Team mit Thomas Schrödter. Schon nach den ersten Wochen seit Arbeitsbeginn am 1. Dezember ist für ihn klar: „Es ist ein sehr viel angenehmeres Arbeiten, wenn man es im Team tut.“ Nun sei die Arbeit zwischen ihm und seinem Kollegen aufgeteilt worden. Und wenn ihn etwas bewege, er in Gesprächen etwas gehört oder etwas erlebt habe, dann sei da jetzt der kurze Weg zum Kollegen. Früher habe er bis zur monatlichen Supervision warten müssen, um seine Erlebnisse „loszuwerden“.
Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt im seelsorgerlichen Gespräch mit Menschen, sowohl mit den Insassen als auch Mitarbeitenden. Besonders gesucht werde das Einzelgespräch. „Wir Seelsorger sind die einzigen Menschen im Knast, denen man alles anvertrauen kann, ohne dass es als Bumerang zurückkommt“, sagt Kern. Zu seinen weiteren Aufgaben gehören neben dem persönlichen Gespräch mit den Gefangenen, deren Familien und den Bediensteten auch die Gottesdienste. Jeden Sonntag finde in der JVA ein evangelischer Gottesdienst statt, jeder Seelsorger übernehme zwei.
Neu im Programm sei künftig ein Bibelgesprächskreis, den er ab März anbieten wolle. Und es gebe auch wieder Familiengottesdienste. Außerdem neu: zwei kulturelle Veranstaltungen pro Jahr in der Justizvollzugsanstalt. Ein Event solle mit der Musikgruppe der JVA stattfinden. Für die zweite Veranstaltung sollen Kunstschaffende aus unterschiedlichen Kulturbereichen für ein Konzert oder eine Lesung eingeladen werden.
Über die Arbeit hinter Gittern sagt Kern: „Ich selbst fühle mich nicht eingeschlossen und ich sehe die Gitter nicht mehr“. Das gelte jedoch nicht für die Gefangenen, die oft ihren Haftraum verdunkeln, um die Gitter nicht sehen zu müssen. Diese schauen 24 Stunden auf die Lebensraumbegrenzungen. Bei Einzelgesprächen spürten die Gefangenen im besten Fall die Türen und Gitter nicht mehr wirklich. „Ich habe schon oft gehört, dass mein Arbeitszimmer der einzige Raum ist, in dem man sich frei fühlen kann.“
Für Pfarrer Kern wird die Botschaft, die er zu den Menschen trägt, von Gittern und Türen nicht aufgehalten. Und er sei jeden Tag von neuem „neugierig, welche Menschen mich einladen, in ihr Leben, ihre Seele und ihren Geist zu schauen“.