Der schwarze Hut, ein Erbstück seines Großvaters aus Ostpreußen, ist sein Markenzeichen. Archivfotos zeigen ihn meist mit diesem „Symbol für den freien, selbstbestimmten Mann“ wie Oskar Gottfried Blarr einst selbst über sich gesagt hat. Am 6. Mai feiert der bekannte Düsseldorfer Komponist, Organist und langjährige Kantor der Neanderkirche seinen 90. Geburtstag. Mit zehn Konzerten würdigt das musikalische Düsseldorf den Jubilar: Fünf fanden bereits in den vergangenen Monaten statt und weitere fünf folgen im Mai. „Dank an meine Lehrer“ ist der Titel des Geburtstagskonzertes am 6. Mai in der Neanderkirche in der Düsseldorfer Altstadt, die von 1961 bis 1999 Blarrs Wirkungsstätte war und mit der er noch heute eng verbunden ist. Organist Martin Schmeding, der Blarr als Kantor der Neanderkirche folgte, spielt Stücke der Komponisten Spitta, Zimmermann, Penderecki, Kelemen, Becker und Büsing, die Blarr in seinem Studium unterrichteten.
Aufführung der „Jesus-Passion“ Höhepunkt der vergangenen Konzerte
Zu den Höhepunkten der vergangenen Konzerte zur Würdigung Blarrs gehörte die Aufführung der „Jesus-Passion“ in der katholischen Basilika St. Suitbertus in Kaiserswerth am 17. März unter der Leitung von Susanne Hiekel, Kreismusikdirektorin und Kantorin der Evangelischen Kirchengemeinde Kaiserswerth. Uraufgeführt auf dem Evangelischen Kirchentag 1985 in Düsseldorf ist die Passion ein Hauptwerk Oskar Gottlieb Blarrs. Vorher hatte Hiekel mit Blarr gemeinsam die Partitur gründlich besprochen. „Die persönliche Begegnung mit dem Komponisten bei der Generalprobe und der Aufführung war für alle Musizierende ein besonderes Erlebnis. So konnte er uns noch einige wichtige Hinweise geben“, sagt Hiekel.
Würdigungen aus der evangelischen Kirchenmusik-Welt
Der Jubilar ist für viele Kirchenmusiker ein Vorbild. So würdigt der Düsseldorfer Kreismusikdirektor und Johannes-Kantor Wolfgang Abendroth ihn mit den Worten: „Ich lerne von ihm, wie wichtig es ist, beharrlich und geradlinig zu bleiben. Seine Gedanken und seine Musik sind nie zufällig, sondern immer in allen Konsequenzen bedacht und strukturiert.“ Er verbindet diese Würdigung mit dem Wunsch, der Jubilar möge noch „viele Ideen für neue Kompositionen haben und viele Aufführungen seiner Werke erleben“. Susanne Hiekel ist Oskar Gottlieb Blarr „sehr dankbar für seine Inspiration und Anregung, insbesondere durch seine kreativen musikalischen Konzertprogramme und natürlich ihrer künstlerischen Ausführung. Er war und ist ständig auf der Suche nach Neuem und Ungehörtem und seine Schaffenskraft als Komponist ist wunderbar. Ich schätze seine künstlerische Ernsthaftigkeit insbesondere in Bezug auf Musik, die den Holocaust thematisiert und teile mit ihm die Liebe zum Volk Israel.“
Der Musiker und Komponist Oskar Gottlieb Blarr
Am 6. Mai 1934 wurde Oskar Gottlieb Blarr in Bartenstein (Bartoczyce), Ostpreußen geboren. Nach seiner Flucht 1945 nach Westdeutschland entstanden im Alter von 12 Jahren erste eigene Kompositionen. Seine berufliche Laufbahn begann 1952 mit dem Kirchenmusik-Studium an der Hochschule für Musik in Hannover. 1961 wurde Blarr Kantor und Organist an der Neanderkirche in Düsseldorf. Und 1984 berief ihn die Düsseldorfer Robert-Schumann-Musikhochschule als Dozent für Instrumentation und ernannte ihn 1990 zum Honorarprofessor. Neben den zum Teil in Düsseldorf uraufgeführten Oratorien, Orchesterwerken und Kammer-und Orgelmusik komponierte Blarr auch neue Geistliche Lieder. Er rief 1972 die Konzertreihe „3xNeu“ ins Leben, die mit Konzerten in der Neanderkirche zeitgenössische Musik in den Mittelpunkt stellte. Auch die „Sommerlichen Orgelkonzerte“ bis heute in der Neanderkirche gehen auf seine Initiative zurück. Zu seinen musikalischen Vorbildern für Neue Musik zählt der französische Komponist Olivier Messiaen.
Erinnerungen an Begegnungen mit dem Komponisten
Gut Erinnerung geblieben ist die erste Begegnung mit Oskar Gottfried Blarr. Susanne Hiekel denkt gerne an ihre Jugendzeit zurück, als sie als Sängerin in der Johanneskantorei war und auch Konzerte des Neanderchores unter Blarrs Leitung besuchte, darunter eine Aufführung der Bachschen Matthäuspassion: „Ich war tief ergriffen und berührt.“
Was wünscht eine Kirchenmusikerin dem Jubilar zum 90. Geburtstag? „Ich wünsche ihm, dass er so kreativ, geistig rege und gesund bleibt. Und vor allem wünsche ich ihm ‚Jewarechecha Adonai wejischmerecha‘ – der Herr segne dich und behüte dich.“